1310 wurde mit einen Vertrag zwischen Erzbishof Burchard und Halle die städtische Selbstverwaltung anerkannt. Zwei Jahre später vernichtete ein schwerer Brand die Stadt Halle.
Die erste städtische Verfassung, die "Willkore" wurde verkündet. 1325 fiel Halle in Acht und Bann, wegen einer Beteidigung an der Ermordung Erzbischof Burchards.
Die Serviten bzw. Marienknechte verlegten ihr Kloster (Bettelorden) in die Stadt und begannen mit dem Bau einer Kirche (heute Konzerthalle).
Im Jahr 1388 wurde mit dem Bau der gotischen Moritzkirche begonnen.
Der Schellenmoritz
Überlebensgroß steht er auf seinem Postament am dritten Pfeiler vorm Altar. Der heilige Moritz schaut ein wenig schmerzvoll-ratlos drein. Warum nur? Die Hallenser haben ihm schließlich diese prächtige Kirche gebaut und sie im Jahr 1388 auch nach ihm benannt. Viel Ehre ist mir widerfahren, kann sich Moritz sagen, doch auch: Daß ich hier stehe, ist im Grunde eine Selbstverständlichkeit. Ich bin der heilige Mauritius oder eben Moritz, der Schutzpatron des Erzbistums Magdeburg. Und Halle untersteht nun einmal Magdeburg, ob's denen an der Saale recht ist oder nicht.
Wenn das so einfach wäre. Schmerzvoll-ratlos ist der Moritz, weil er am eigenen Leib erfahren mußte, daß in den Mauern dieser Stadt nicht nur Halloren und Halunken wohnen, nein, auch zu allen Zeiten Schelme. Als Conrad von Einbeck 1411, rund elfhundert Jahre nach dem Tod des Heiligen, das Standbild schuf, da arbeitete er den Magdeburger Herren gar nicht nach dem Munde. Hätte er es getan, so wäre ein heiliger Mauritius entstanden, nicht anders als ihn die Legende kennt. Mauritius, der trotzige Obrist des Kaisers Maximiniuanus Herculeus, der zum Märtyrer wurde, denn dieser hochfahrende Heide hatte ihn abschlachten lassen, samt seiner Truppe. Der Mohr Mauritius und 6666 Männer wurden hingemeuchelt, weil sie sich wie ein Mann zum Christentum bekannten.
Conrad von Einbeck aber zeigt in seinem Bildwerk halleschen Hintersinn. Sein Moritz steht da in der Rittertracht des frühen 15. Jahrhunderts und: der Heilige trägt einen Gürtel voller Schellen. Just wie die Narren, die in jenen Jahren auf Deutschlands Märkten tanzten! Schellenmoritz nennen die Hallenser die absonderliche Gestalt in ihrem schönsten Gotteshaus, und sie erzählen sich dabei die Geschichte seines Erbauers.
Dieser hallesche Moritz, Vertrauter des Erzbischofs Wichmann, sei so jähzornig gewesen, sagt man, daß er, wenn er den Bauplatz betrat und auf einen rastenden Arbeiter traf, den Unglücklichen auf der Stelle totschlug. Nachträglich bereute er seinen Zorn stets, und um sich vor weiteren Morden zu schützen, ließ er sich einen Schellengürtel fertigen. Jedermann sollte hören, wenn er nahte. Den klingenden Gürtel nähte ihm seine liebevolle Schwester Elisabeth. Doch auch die schlug er im Jähzorn tot, zuletzt brach er dem Baumeister das Genick. Da war nun niemand mehr da, die Kirche zuvollenden. So hat sie keinen Turm. Doch turmlos sind auch Halles Dom und Ulrichskirche. Dafär schmückt sich Unser Lieben Frauen auf dem Marktplatz mit vier Türmen. - Das Volk lieb schaurig-traurige Geschichten.
(Leseprobe aus dem bild-Text-Band "Halle und der Saalkreis" von Michael Pantenius, Sigrid Schütze-Rodemann und Gerd Schütze. Fliegenkopf-Verlag, Halle 1993)
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